Pflicht zur Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeiterfassung wird Pflicht, aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Geschrieben von: Dr. Dirk Schwenn

Pflicht zur Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung

Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann (BAG, Beschluss v. 13.09.2021, Az. 1 ABR 22/21).

Was ist passiert?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Grundsatzurteil klargestellt, dass Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, die Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer genau zu dokumentieren.

Hintergrund der Entscheidung ist ein Rechtsstreit, der zunächst vor dem Landesarbeitsgericht Hamm anhängig gewesen ist. Dort stritt sich die Arbeitgeberin mit ihrem Betriebsrat über die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung. Der Betriebsrat war der Meinung, dass ihm diesbezüglich ein Mitspracherecht, insbesondere ein Initiativrecht, aus § 87 Abs. 1 BetrVG zustehe. Die Arbeitgeberin sah dies anders. Das LAG Hamm hatte dem Betriebsrat Recht gegeben und ein Mitspracherecht bejaht.

Gemäß § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG hat der Betriebsrat in den dort aufgeführten sozialen Angelegenheiten ein Mitspracherecht, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht.

Nachdem die Arbeitgeberin eine Rechtsbeschwerde vor dem BAG eingereicht hat, folgte letzte Woche die Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts.

Das BAG hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben. Dem Betriebsrat stehe bei der elektronischen Zeiterfassung kein Initiativrecht zu. Wie in § 87 Abs. 1 BetrVG geschrieben, greift ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur dann ein, sofern nicht bereits eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Diese gesetzliche Regelung sieht das BAG in § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG. Bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber bereits gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen. Diese gesetzliche Regelung schließt ein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung eines Systems der Arbeitszeiterfassung aus.

Hintergrund der unionsrechtskonformen Auslegung ist ein Urteil des EuGH aus dem Jahr 2019. In der sogenannten „Stechuhr-Entscheidung“ urteilte der EuGH, dass die Mitgliedsstaaten die Arbeitgeber dazu verpflichten müssen, ein verlässliches Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten. Der deutsche Gesetzgeber blieb jedoch bislang untätig.

Was sollten Arbeitgeber beachten?

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Bild: IMAGO / Wolfgang Maria Weber / 168851996

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Kommentare (2)

  • Carsten Schmidt

    Vielen Dank für die Hinweise. Wie sieht es bei ehrenamtlich tätigen Übungsleitern aus? Gelten diese auch als Arbeitnehmer? Werden diese Regelungen eventuell erst ab einer bestimmten Zahl Arbeitnehmer/Ehrenamtler?

    Mit freundlichen Grüßen
    Carsten Schmidt

    22. September 2022 at 19:41
    • Vereinfacher

      Aktuell gibt es keine Hinweise dafür, dass Arbeitgeber auch ehrenamtlich tätige Übungsleiter in die Zeiterfassung aufzunehmen haben. Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts scheint nur Arbeitnehmer zu erfassen, dies würde auch der Logik des Arbeitsschutzgesetzes folgen. Genaueres bleibt aber abzuwarten, solange die Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen. Es dürfte aber auszuschließen sein, dass erst aber einer bestimmten Zahl Arbeitnehmer/Ehrenamtler die neue Verpflichtung zur Zeiterfassung gilt, hierfür gibt es keinen gesetzlichen Anknüpfungspunkt.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Volker Vogt, LL.M.
      Rechtsanwalt
      Fachanwalt für Arbeitsrecht

      26. September 2022 at 11:03

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